Der Atem dampft, die Luft ist kristallklar – nur etwas zu frisch. -20° zeigt das Thermometer. „Da wird uns gleich warm“ begrüßt Simon Gietl die Teilnehmer des Eisklettercamps.
Für den Event hat Simon die Eisfälle im Ahrntal vorgeschlagen. Hier ist er zu Hause, hier kennt er nicht nur die besten Routen und die Verhältnisse sondern auch die besten Einkehrmöglichkeiten. Was bei -20° nicht ganz unwichtig ist.
Die Top Ropes hängen bereits (Simon und Bergführerkollege Patrick sei Dank) und nach eine kurzen Einweisung geht’s ans Eingemachte: Flache Routen gibt es keine, auch die einfachste weist senkrechte Passagen auf. Aber das ist ja genau richtig, denn neben Spaß am Klettern sollen auch die neuen Eisklettergeräte von EDELRID getestet werden, besonders das brandneue und von Simon mitentwickelte Rage Eisgerät sowie die Beast Steigeisen.
Kaum sind diese angepasst, da wird schon fleißig gepickelt, geschlagen, gehookt, dass es eine wahre Freude ist. „Ich bekomme meine Sicherheit und Routine im Eis dadurch, dass ich viele, viele leichte Seillängen klettere“ erklärt Simon.
Und ähnlich wie im Fels, aber vielleicht noch intensiver ist dabei Erfahrung der Schlüssel zum Erfolg. Denn nicht nur die rein „objektiven“ Schwierigkeiten sind im Eis ausschlaggebend, sondern im besonderen Maße auch die Verhältnisse und die Taktik. „Eine Eisroute ist bei schlechten Verhältnissen gefährlich und kaum zu klettern, bei guten dagegen der reinste Genuß und gefühlt einfach“.
Auch ist Stürzen im Eis keine Option, da die Verletzungsgefahr durch die messerscharfen Eisgeräte und Steigeisen immens ist, ganz abgesehen von der Problematik der Sicherungspunkte. Dazu aber später. Am ersten Tag geht es hauptsächlich um die Verbesserung des persönlichen Könnens, die Schlagtechnik, das Setzen der Steigeisen, den Einsatz des Körperschwerpunkts und um das Ausnutzen von Rastpunkten.
„Erfahrung im Eisklettern oder Sportklettern, Beherrschen der Sicherungstechnik“ sind die Voraussetzungen für die Teilnahme am Eisklettercamp. In der Praxis sind die Bewegungsabläufe im steilen Fels und Eis ähnlich und so treffen im Ahrntal Sportkletterer ohne Eiserfahrung auf routinierte Alpinisten. Schon bald verwischen die Unterschiede in Erfahrung und Kletterfähigkeit und die drei Bergführer sind erstaunt, dass die vorbereiteten „schweren“ Routen von allen gemeistert werden und es einen schwierigkeitsmäßigen Nachschlag braucht.
So gibt es am Abend in der warmen Stube des Angerer Hofes vieles zu erzählen und zu diskutieren. Patrick und Simon haben einige historische Ausrüstungsgegenstände mitgebracht und dazu viele Geschichten und Erlebnisse.
Müde Arme sind die Folge des intensiven Eiskletterns aber kein Hindernis für weitere steile Routen am zweiten Tag. Zur Auflockerung erklärt Simon, wie er einen Standplatz im Eis baut, wie man Eisschrauben ökonomisch und sicher setzt und wie man im Eis sichert.
Auf zwei Vorstiegsrouten kann man das auch gleich trainieren, außerdem wird schwierigkeitsmäßig nochmals aufgesattelt. Mehrere anspruchsvolle Mixed Routen, eindrucksvoll von Patrick und Simon im Vorstieg geklettert, lassen jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin die persönlichen Grenzen ausloten.
Ahrntal – wir kommen wieder! Für 2025 ist das Camp bereits wieder geplant. Den Termin findest du in Kürze auf der VIVALPIN Homepage.
Unser besonderer Dank gilt:
Simon Gietl
Patrick Seiwald
Ahrntal Tourismus
Alpin
und dem dem Angerer Hof für die vorzügliche Bewirtung