Risikomanagement Klimawandel 

Die Berge verändern sich. Warme Temperaturen begünstigen ein Absinken des Permafrostes und ein Schmelzen der Gletscher. Durch die veränderte Statik drohen Murenabgänge und Bergstürze.

Der Bergsturz am Bietschhorn, der den Weiler Blatten auslöschte

Seit dem späten 19. Jahrhundert haben die Alpengletscher mehr als 60 % ihres Volumens verloren. In Österreich verlieren die Gletscher durchschnittlich 15 Meter pro Jahr, in 30 bis 40 Jahren könnten die meisten Gletscher bereits verschwunden sein. 

Für alle Wanderer, Bergsteiger, Kletterer und natürlich für alle Wintersportler hat dies Auswirkungen, die es zu berücksichtigen gilt.

Als mahnendes Beispiel gilt der 23.07.2017, als im Bergell 8 Wanderer durch einen riesigen Bergsturz am Piz Cengalo ums Leben kamen. Sie waren unterwegs von der Sasc Furä zur Sciora Hütte. Für den Wanderweg gab es lediglich eine Steinschlagwarnung. Die Diskussion, ob das Gebiet hätte gesperrt werden müssen, dauert bis heute an und hat ein juristisches Nachspiel.
Von offizieller Seite heißt es, der Bergsturz sei nicht vorhersehbar gewesen.

Seither haben sich weitere Bergstürze in den Alpen ereignet, wie z.B. am Fluchthorn in der Silvretta, am Piz Scerscen im Engadin oder aktuell 2025 am Bietschhorn im Berner Oberland und in der Brenta an der Cima Falkner.

Die genannten Bergstürze gingen gottseidank relativ glimpflich ab. Glimpflich aber nur in dem Sinne, dass zwar riesige Schäden entstanden sind aber noch viel mehr hätte passieren können.
Am Fluchthorn und am Piz Scerscen war dies dem Umstand geschuldet, dass niemand in dem betroffenen Gebiet unterwegs war, im Lötschental gab es eine Warnung und in der Folge eine Evakuierung des Gebietes.
Auch in Zukunft werden wir mit Bergstürzen im Hochgebirte konfrontiert sein. Wenn du also eine Bergtour planst, so solltest du auch Faktoren des Klimawandels mit einbeziehen:

Dabei können dir folgende Tools und Tipps helfen:

Verwende digitale Karten und entsprechende Layer. Hier siehts du auch aktuelle Weg- und Gebietssperrungen:

Informiere dich bei Locals und  Experten: Z.B. erhältst du von Hüttenwarten wie auf der Geraer Hütte Infos aus erster Hand (z.B. zum Gletscherzustand an der Fusssteinkante).

Informiere dich über Social Media, hier findest du regelmäßig Verhältnisposts von Profis (z.B. von VIVALPIN für die Zugspitzregion)

Verifiziere den Gletscherstand auf der Karte. Oftmals gibt dieser nicht die Realität wieder (siehe unten das Beispiel Taschachferner). Das von den Gletschern „frei gegebene“ Gelände ist in der Regel äußerst unangenehm und gefährlich zu begehen.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Manche Routen sind durch das Abschmelzen der Gletscher einfacher geworden, so z.B. der Übergang vom Piz Palü Ost- zum Hauptgipfel. Der messerscharfe Balancegrat existiert nicht mehr. Heute wanderst du über einen gemütlichen Geröllrücken.

Hier hinkt der Gletscherstand der Realität hinterher. Der untere, gepunktete Steig ist nicht mehr begehbar.

Beobachte regelmäßig die Veränderungen von Gletschern und Gipfeln

Wähle die beste Jahreszeit für deine Hochtour. Oftmals liegt diese früher im Jahr als noch vor einigen Jahren üblich (und in vielen Tourenbeschreibungen beschrieben).

Verfolge Informationen im Netz z.B. vom Kuratorium für Alpine Sicherheit oder Informationen über typischen Veränderungen im Hochgebirge (z.B. vivalpin.blog) oder z.B. in der Fachpresse:

Gehe realistisch mit dem Risiko um: 100% Sicherheit am Berg und generell im Leben gibt es nicht. Allerdings solltest du dir des Risikos bewusst sein, das du eingehst.
Bekannte Prestigegipfel wie Matterhorn oder Mont Blanc bieten ein teilweise hohes und nicht zu kalkulierendes Restrisiko durch Stein- und Eisschlag. Bestes Beispiel ist das Grand Couloir an der Aiguille du Gouter auf dem Normalweg zum Mont Blanc. Das Couloir wird regelmäßig von großen Steinschlagsalven durchfurcht, ein überkopfhoch gespanntes Drahtseil dient als Sicherung (vor einem Totalabsturz nach einem Steinschlagtreffer). Das Couloir fordert Jahr für Jahr Tote und Verletzte.
Der Druck der Hüttenreservierung und der enge Zeitplan für den „Summit Push“ schränken dabei die Handlungsoptionen der Gipfelaspiranten ein. Für die meisten ist Umkehren an der Aiguille du Gouter keine Alternative.
Wenn du also eine Mont Blanc Besteigung (oder vergleichbare Touren) planst, dann solltest du dir des Risikos bewusst sein und es nicht verdrängen. Und wenn es dir zu hoch ist, dann gibt es genügend (allerdings eventuell weniger prestigeträchtige) Gipfel als Alternative.