Der Pico Aneto ist mit seinen 3.404 Metern „nur“ der dritthöchste Berg Spaniens, aber die höchste Erhebung der Pyrenäen. Die Gebirgskette trennt die iberische Halbinsel von Frankreich und Mitteleuropa. Die Alpen sind zwar wesentlich größer und höher, dennoch ziehen einen die Pyrenäen sofort in ihren Bann: wild, ursprünglich und voller Leben.

Der Pico Aneto liegt komplett in Spanien wenige Kilometer von der französischen Grenze entfernt und inmitten einer unberührten Natur, die auch heute noch den Flair von Abenteuer versprüht, den auch die Erstbesteiger am 20. Juli 1842 erlebt haben müssen. Damals durchquerte ein russischer Offizier namens Platon de Tchihatscheff mit einer französischen Mannschaft das Gebiet für mehrere Tage und bestieg dabei den Aneto zum ersten Mal.

Riesige Geier kreisen über dem Talboden, tausende Schafe blockieren die kleine Straße auf dem Weg zum Ausgangspunkt der Tour hinter dem Dörfchen Benasque und irgendwo streifen sogar noch Braunbären durch diese wilde Gegend.

Die Tour auf den Aneto ist nicht zu unterschätzen, denn der Weg ist weit, nicht markiert und man ist komplett auf sich alleine gestellt. Im Spätsommer verlaufen sich kaum noch Menschen auf den spärlichen Pfaden, dafür kann man die Natur und diese einzigartige Landschaft inmitten Europas ungestört genießen.

Der Weg führt nach wenigen hundert Höhenmetern vorbei an der Renclusa Hütte, die im Schein der Stirnlampe kaum erkennbar ist. Danach verliert sich der Weg und verzweigt sich in mehrere Steige, die zur Portillón Superior auf knapp 2.900 Metern führen. Sie trennt das Aneto Massiv vom Maladeta Massiv – zwei der letzten vergletscherten Gebiete der Pyrenäen.

Bis in den Juli hinein liegt hier oben oftmals noch genügend Schnee, welcher den kurzen Abstieg in das riesige Kar deutlich vereinfacht. Im September kommt man nur mit leichter Kletterei weiter und wandert danach durch schier unendlich lange Passagen über abgeschliffene Granitfelsen.

Der Weg zum höchsten Punkt der Pyrenäen ist noch weit und zieht sich, denn das Gelände ist weglos und teilweise noch vergletschert. Vor einigen Jahrzehnten muss es hier oben noch ausgedehnte Eisflächen gegeben haben, denn Wege existieren überhaupt noch nicht und die Hinterlassenschaften des Eises sind eindeutig erkennbar.

Nun steilt es deutlich auf und einige Felsstufen müssen überwunden werden, bevor man am Fuße eines Eisrestes steht. Der Weg über die steile Rampe hinauf zum Gipfelaufbau ist wieder deutlich erkennbar und leicht zu begehen. Die letzte Herausforderung ist die „Brücke des Mohammed“ – eine kurze, sehr luftige Kletterei auf 3.400 Metern mit steilen Felsabbrüchen auf beiden Seiten.

Alleine, bei bestem Wetter ,auf dem höchsten Punkt der Pyrenäen, ist ein unbeschreibliches Gefühl, dass bei jeden Alpinisten Glücksgefühle auslöst.

Trotz aller Euphorie ist der Weg zurück ins Tal lang, weglos und erfordert einiges an Konzentration bei jedem Schritt, denn Hilfe ist deutlich weiter entfernt als zuhause in den Alpen und anstatt von Helikoptern kreisen nur einzelne Bartgeier über einem.

Wir kommen auf jeden Fall zurück, um zu erkunden und mehr über diese einzigartige Landschaft in Europa zu erfahren.
